(Dieter Reinhold).
Meine Heimatstadt Plauen i.V. feiert mit vielen Veranstaltungen dieses Jahr ihr 900-jähriges Stadtjubiläum. Ein Autorenkollektiv hat aus diesem Anlass das opulente Buch „Plauen 900„ zu Papier gebracht. Die vordere Einbandseite des Buches brachte mich auf die Idee, hier auf der Seite des Vogtländischen Vereins zu Berlin e.V. selbst einen kleinen Beitrag zum Jubiläum meiner Heimatstadt zu erbringen.
Ich bin in Plauen i.V. geboren, wohne aber nun schon geraume Zeit in Berlin. Durch Familie und Hobby bin ich noch eng mit Plauen i.V. verbunden. Ich sammle seit 25 Jahren historische Wertpapiere und historische Firmenrechnungen aus Plauen und dem Vogtland. Die aufbewahrten historischen Firmenrechnungen geben einen Einblick in das Leben von Plauen i.V. um 1900. Durch die enormen Kriegsschäden im II. Weltkrieg, aber auch durch gravierende wirtschaftliche Umbrüche sind diese papierenen Zeitzeugen oft die einzigen Quellen, um sich z.B. ein Bild von der Größe und dem Aussehen von Fabriken oder Handelshäusern machen zu können. Denn anhand von historischen Rechnungen kann man nicht nur die gelieferten Waren, die Lieferorte, die Preise und die kaufmännischen Gepflogenheiten nachvollziehen. Rechnungen waren immer auch Werbeträger, auf denen man seine Erfolge und wirtschaftliche Stärke demonstrierte. Dazu gehörte auch die Darstellung z.B. der Fabrikantenvilla, der Produktionsstätten und die Heraushebung moderner Produktionsmethoden (damals Dampf und Elektrizität). Weiterhin werden gern nationale und internationale Auszeichnungen und Medaillen präsentiert, dazu Firmenlogos, Handels- und Warenmarken und Reichspatente. Der interessierte Betrachter wird noch viele andere Details entdecken.
Auf dem Cover des Buches „900 Plauen“ wird ein Auszug eines Gemäldes von Kurt Geipel aus dem Jahre 1938 wiedergegeben, das die lebendigste Hauptgeschäftstraße Plauens, die Bahnhofstraße, zeigt. Rechts im Vordergrund sieht man ein imposantes Gebäude, das an der Einmündung der Gottschaldtstraße in die Bahnhofstraße steht. Es handelt sich um das „Wilkehaus“, das glücklicherweise noch heute bei einem Stadtbummel im Plauener Stadtzentrum unübersehbar seinen Prunk zeigt. Nähere Informationen findet die interessierte Leserinnen bzw. der Leser mit wenigen Klicks im Internet.
Firma Gebrüder Wilke, Plauen i.V.
Die Rechnung der Firma „Gebr. Wilke“ wurde am 28.04.1919 handschriftlich (!) ausgefertigt. Die Firma, so geht es aus der Rechnung hervor, wurde 1890 gegründet. Sie produzierte chirurgische Instrumente, Bandagen und Korsetts. Offenbar so erfolgreich, dass man 1911 mit dem Bau des imposanten Geschäftshauses beginnen konnte. Die Rechnung wurde wegen der Lieferung eines Gummikragens nach Netzschkau ausgestellt.
Stolz zeigen die Besitzer der Firma, dass die Produkte 1905 auf der Industrie – und Gewerbeausstellung zu Zwickau ein Ehrendiplom erhielten.
Abgebildet sind Medaillen der Gastwirtschaftlichen Fachausstellung Hof 1905, der Jagd- und Fischereiausstellung 1905 in Plauen i.V. (die wiederum auf den Vogtländischen Jagdhund Verein Plauen i.V. verweist). Weiterhin ist eine Medaille zu sehen, die wohl auf die Teilnahme an der Ausstellung für „Maschinen, Kleingewerbe, Hausindustrie Plauen i.V. 1905“ hinweist (leider schlecht lesbar), die offenbar von der „Vogtländischen Bank“ überreicht wurde.

Firma Georg Denker
Warum habe ich gerade diese Rechnung ausgesucht? Plauen i.V. erlebte um 1900 einen wahren Boom der Textilindustrie und wurde binnen kurzer Zeit zur Großstadt mit über 100.000 Einwohnern. Viele Faktoren müssen zusammenkommen, um einen Industriezweig zur Blüte zu bringen. Von fundamentaler Bedeutung war u.a. die Entwicklung von Stickmaschinen, die den Weg von der reinen Handarbeit zur Mechanisierung und Automatisierung der Herstellung der berühmten Plauener Spitzen und Gardinen ebneten. Der Tiroler Johannes Madersberger kam 1814 auf die Idee, Stiche und Nähte mit einer zweispitzigen Nadel herzustellen, die das Öhr in der Mitte hatten. Basierend auf dieser Idee entwickelte der Elsässer Josua Heilmann eine Plattstich-Stickmaschine, die unter der Bezeichnung „Heilmannsche Stickmaschine“ in die Geschichte des Textil-Maschinebaus einging. Die Beschreibung dieser Maschine hat auch Eingang in die 14. Auflage des Brockhaus Konversationslexikon gefunden. Genau diese Maschine ist als sehr detailreiche Darstellung in Form einer Vignette auf der Rechnung abgebildet.
Die Firma Bernhard August Georg Denker, war im Adressbuch der Stadt Plauen i.V. von 1895 als Stickereimanufactur in der Alaunstr. 8 eingetragen. Inhaber der Firma war Kaufmann Georg Denker. Die Rechnung wurde am 27.08.1895 für einen Kunden in Friedrichroda ausgestellt und bezieht sich auf die Lieferung von Volants. Man beachte beim Betrachten der Rechnung die gedruckten Regeln für Bestellung, Rücknahme und Zahlung der Ware. Sie sind also keine Erfindung der jetzigen Zeit. Auch diese Rechnung ist handschriftlich ausgefertigt. Der Schreiber der Rechnung war Christian Denker, der Prokurist der Firma.

Mechanische Weberei Meinhold & Sohn Plauen i.V.
Diese Rechnung aus dem Jahre 1904 besticht ebenfalls durch die wunderbar gestaltete Vignette.
Zu dieser renommierten Weberei könnte man sicherlich eine Reihe wissenswerter Fakten an dieser Stelle aufschreiben. Ich habe diese Rechnung nicht wegen der Firmenhistorie ausgewählt, sondern wegen der beworbenen Produkte. Alte Rechnungen geben einen faszinierenden Einblick in die Produktpalette der Plauener Textilindustrie. Meinhold & Sohn liefern laut Rechnung einen „Sumatra-Store“ nach Bern.
Zum Zeitpunkt der Rechnungslegung war Paul Meinhold Inhaber der Firma, die in der Dobenaustr. 71 produzierte.

Fa. Leopold Oscar Hartenstein
Im Jahre 2020 brachte die Stadt Plauen ein Buch mit dem Titel: „Die Familie L. O. Hartenstein und ihre Bedeutung für die vogtländische Textil- und Gardinenindustrie„ heraus. Den Autorinnen Katrin Färber und Beate Schad ist es gelungen, durch akribische Recherchearbeit eine facettenreiche Firmengeschichte zu dokumentieren, die wichtige Einblicke auch in die Entwicklung der gesamten Textilindustrie Plauens gibt. Die Vignette, die auf einem Firmenbrief aus dem Jahre 1928 gedruckt war, spiegelt die Größe des Familienimperiums eindrucksvoll wider. Das Stammhaus Plauen ist zu sehen, ebenso die Werke in Lengenfeld i.V. und Zwickau. Auf der Abb. sind auch Bauwerke der Stadt, wie zum Beispiel die Friedensbrücke zu sehen.

Stickerei Sophie Erbert
(Nachf. von Erbert & Sohn, Plauen i.V., St. Gallen)
Auffallend bei diesem Ausschnitt eines Geschäftsbriefes der o.g. Firma ist hier die grafische Gestaltung. Oben in der Mitte ist wohl das Firmenlogo abgebildet. Leider ist mir die Bedeutung des Signets nicht bekannt. Vielleicht kann ein/e Leser/in mir zu Erkenntnisgewinn verhelfen. Ausführlich werden die Fabrikate aus fremder oder eigener Produktion aufgelistet. Auch dieser Briefkopf aus dem Jahre 1897 zeigt, dass die Plauener Kaufmannschaft und die Fabrikanten keineswegs „nur“ einen regionalen Raum beliefern wollten, sondern auch stets den Weltmarkt im Blick hatten. Oben rechts sind zwei Medaillen abgebildet, die die Teilnahme an der Weltausstellung 1873 in Wien und der Internationalen Ausstellung 1889 in Sydney dokumentieren. Die Wirtschaftsgeschichte Plauens kann stolz auf Firmen verweisen, die auf ihrem Gebiet Weltmarktführer waren.
Gern nehme ich Hinweise zu den Abbildungen entgegen und beantworte bei Bedarf Ihre Fragen. Nutzen Sie dazu bitte die Kontaktseite der Vereins-Homepage.



